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Jean-Luc Darbellay - ORMA GALATTICA für Klarinette/Bassklarinette und Streichtrio, Ensemble ORION - neo
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ORMA GALATTICA für Klarinette/Bassklarinette und Streichtrio, Ensemble ORION

29 plays
Compositeur/trice
Interprète
Nils Kohler, Klarinetten; Noëlle-Anne Darbellay, Violine; Julie Le Gac, Viola; René Camacaro, Violoncello
Composition, Musique de chambre
120 morceaux

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Ajouté le 16 avril 2023

Année de création
2021

Crédits et remerciements

ORMA GALATTICA wurde am 3.9.2021 im Rahmen des Musikfestivals Bern unter dem Titel "Gravitation, oder was den Schwarm zusammenhält" im Kuppelsaal der Universität Bern uraufgeführt.
Moderiert wurde das Konzert von Professor Claus Beisbart, Astrophysiker und Philosoph, Universität Bern.

Jean-Luc Darbellay
Orma galattica für Klarinette/Bassklarinette und Streichtrio.

Die Parallelen zwischen den physikalischen kosmischen Gesetzmässigkeiten mit den vielen labilen Gleichgewichten unter den einzelnen schwärmebildenden Gestirnen innerhalb einer Galaxie und den musikalischen Anziehungs- und Abstossungstendenzen der Töne innerhalb eines Musikstückes, sind verblüffend.
Einerseits wird bei gewissen Abläufen der Töne „Energie frei“ in andern Konstellationen wird „Energie gespeichert“.
Die fallenden Tonleitern der alten Griechen suchen die Entropie, das Energieminimum. Auf eine C-Dur Tonleiter transponiert: DO-ti-LA-sol-FA-mi-RE-DO. Die Töne LA, FA und RE bestimmen den Ablauf in die Tiefe. Umgekehrt speichert die steigende Tonleiter do-re-MI-fa-SOL-la-TI-do musikalische Energie. In der zeitgenössischen Musik sind zusätzlich zu den alten Verhältnissen neue Kräftefelder entstanden.
Die 12-Ton-Musik und mit ihr die Serialität, wo sich alle Töne nur noch aufeinander beziehen und nicht mehr dem Verlauf der Bässe folgen müssen, wird durch Aggregate von beweglichen Tontrauben, dem chromatischen Total, bestimmt, das an die Stelle des Generalbasses getreten ist. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde dieses Repertoire an neuen Techniken weiter entwickelt. Spektrale Elemente, Mikrointervalle, geräuschvolle Töne, „extended techniques“, Multiphonics, Einbezug von Sprache und Gesang, Elektronik und das Präparieren der Instrumente bieten viele bis dahin unbekannte Möglichkeiten.
Die Ortung der Töne ist schwierig geworden, entsprechend den quantenphysikalischen Situationen, wo Energiemengen nicht mehr an gewisse Orte der Materie gebunden sind.
Gravitationskräfte halten die Elemente zusammen. Entgegengesetzte Kräfte verhindern den Kollaps der labilen Gebilde.
Den Gravitationskräften entsprechende Einwirkungen stützen das Gefüge der Klänge in einer neuen Partitur. Stimmt das Gleichgewicht der Tontextur, so ermöglicht dies der musikalischen Materie, sich dem Zuhörer zwingend mitzuteilen.
Es stellt sich hier wieder die Frage: Was ist Musik? Wie ist es möglich, dass gewisse Tonfolgen mit entsprechenden Klangbildungen Hühnerhaut erzeugen können?
Es ist ein Mysterium. Musik ist ein Universum der „feinstofflichen Art“, eine Sprache ohne Worte, ein Geheimnis. So wie die „Unendlichkeit“ und die „Ewigkeit“ als physikalische Begriffe eigentlich untauglich sind, da „unwissenschaftlich“, so mysteriös ist das musikalische Erleben.
Als Debussy gefragt wurde, was denn in seiner Musik die Töne zusammenhalte, nachdem er die üblichen harmonischen Verhältnisse verlassen hatte, antwortete er: „Je ne le sais pas, ce sont des liens mystérieux.“
Alles ist letztlich mit allem verbunden.
Fazit: Die galaktische Spur der Milchstrasse ist die Richtschnur für die nachtaktiven Mistkäfer (Geotrupidae), die ihre „Proviantkugel“ für den Nachwuchs an einen bestimmten Ort rollen, den sie wieder finden, dank den Gestirnen!

Im Verlaufe meines Stückes wächst das sehr leise raschelnde Geräusch des Käfers im Laub stetig an, um sich schliesslich in einem tosenden „kosmischen Billard“ zu entladen.

Jean-Luc Darbellay

29 plays