Konzertaufnahme: 1. April 2023, Gare du Nord, Basel (Uraufführung)
Musikregie / Tonmeister: Max Molling, Andreas Werner (SRF)
«Under the Void»
Ich hatte Listen von Akkorden erstellt, die aus den Obertönen der Klarinette abgeleitet waren, und sie danach geordnet, welche Tonhöhen als verschiedene Obertöne verschiedener Grundtöne gemeinsam vorhanden waren. Ich benutzte diese Akkordfolgen als Tonhöhenfelder mit besonderen Gestalten. Daraus entstand die Idee eines Gegensatzes zwischen einem Bereich statischer Formen, die als gegeben erscheinen, und einem Bereich menschlicher Handlungen, Eingriffen und Unterbrechungen.
Die erste Form von Aktion, die sich zeigte, ergab sich aus der einfachen Beobachtung, wie eine zu einem Akkord gehörende Note in eine andere Note im folgenden Akkord übergehen konnte. Schrittweise Bewegungsabläufe begannen sich auf verschiedene Weise auszudehnen und zu vervielfältigen, als ob sie hohe Brücken über tiefe Abgründe oder Leerräume («voids») zwischen den Akkorden schlagen würden, die nun als getrennte und damit potenziell entfernte Strukturen erschienen.
Zonen mit Schlagzeug ohne bestimmte Tonhöhen und perkussivem Klavier stellen die Form der diskontinuierlichen und stakkatoartigen Aktion dar, die der Stabilität der gehaltenen Noten in den Akkorden am entgegengesetztesten ist. Als extremen Gegensatz dazu hört man ein komplettes Tonhöhenfeld in reinster Form einer Reihe von Glissandi, wobei die Noten eines Akkords kontinuierlich zu den Noten des nächsten gleiten und kurz innehalten, bevor sie wieder zum nächsten gleiten.
Mitten in der Arbeit an dem Stück hörte der Schlagzeuger und Musikaktivist Daniel Buess, für den ich das Stück eigentlich geschrieben hatte, auf völlig unvorhersehbare Weise auf, als lebender Mensch zu existieren. Jetzt, im Nachhinein, scheinen die Lücken («voids») im Stück gefüllt zu sein oder sogar überzulaufen, als ob der Verlust die Welt eingeladen hat, wieder hineinzufliessen.
Tim Hodgkinson
Under the Void. Für grosses Ensemble (2016/2018)
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Added on 11 April 2024
Credits and thanks
Ensemble Phoenix Basel
Jürg Henneberger, Leitung
Konzertaufnahme: 1. April 2023, Gare du Nord, Basel (Uraufführung)
Musikregie / Tonmeister: Max Molling, Andreas Werner (SRF)
«Under the Void»
Ich hatte Listen von Akkorden erstellt, die aus den Obertönen der Klarinette abgeleitet waren, und sie danach geordnet, welche Tonhöhen als verschiedene Obertöne verschiedener Grundtöne gemeinsam vorhanden waren. Ich benutzte diese Akkordfolgen als Tonhöhenfelder mit besonderen Gestalten. Daraus entstand die Idee eines Gegensatzes zwischen einem Bereich statischer Formen, die als gegeben erscheinen, und einem Bereich menschlicher Handlungen, Eingriffen und Unterbrechungen.
Die erste Form von Aktion, die sich zeigte, ergab sich aus der einfachen Beobachtung, wie eine zu einem Akkord gehörende Note in eine andere Note im folgenden Akkord übergehen konnte. Schrittweise Bewegungsabläufe begannen sich auf verschiedene Weise auszudehnen und zu vervielfältigen, als ob sie hohe Brücken über tiefe Abgründe oder Leerräume («voids») zwischen den Akkorden schlagen würden, die nun als getrennte und damit potenziell entfernte Strukturen erschienen.
Zonen mit Schlagzeug ohne bestimmte Tonhöhen und perkussivem Klavier stellen die Form der diskontinuierlichen und stakkatoartigen Aktion dar, die der Stabilität der gehaltenen Noten in den Akkorden am entgegengesetztesten ist. Als extremen Gegensatz dazu hört man ein komplettes Tonhöhenfeld in reinster Form einer Reihe von Glissandi, wobei die Noten eines Akkords kontinuierlich zu den Noten des nächsten gleiten und kurz innehalten, bevor sie wieder zum nächsten gleiten.
Mitten in der Arbeit an dem Stück hörte der Schlagzeuger und Musikaktivist Daniel Buess, für den ich das Stück eigentlich geschrieben hatte, auf völlig unvorhersehbare Weise auf, als lebender Mensch zu existieren. Jetzt, im Nachhinein, scheinen die Lücken («voids») im Stück gefüllt zu sein oder sogar überzulaufen, als ob der Verlust die Welt eingeladen hat, wieder hineinzufliessen.
Tim Hodgkinson
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