Das arabische Wort «Saqar» hat verschiedene Bedeutungen, gemeinhin wird es mit «Inferno», «Flamme» oder «Höllenfeuer» übersetzt. Der Sufismus versteht es als fünfte Stufe der Hölle, wo das Feuer alles verschlingt. In Martyna Koseckas neuem Ensemble-Stück beschreibt es einen Ort der emotionalen und spirituellen Transformation. Die polnische Komponistin verarbeitet in «Saqar» ein grosses Spektrum innerer Vorgänge und Bewusstseinszustände – Angst, Schmerz und Zerstörung werden ebenso prominent thematisiert wie Reinigung und Transformation. Entsprechend der Komplexität des menschlichen Innenlebens ist das Stück für die Musiker*innen, gewissermassen die ‹musikalischen Organe›, alles andere als einfach zu spielen. Die Spielanweisungen am Anfang der Partitur erstrecken sich über mehrere Seiten, das Stück ist voll von musikalischen Herausforderungen: von Mikrotonalität, erweiterten Spieltechniken, unregelmässigen Wiederholungen und Taktwechseln über Multiphonics und sich überschlagenden Tönen bis hin zu gesungenen und gepfiffenen Klängen. Es ist eine kontrastreiche und – trotz dem allgegenwärtigen Prinzip der Wiederholung – unberechenbare Musik, die wie eine Naturgewalt daherkommt. Das latente, geheimnisvolle Narrativ gleicht einem brennenden Feuer, das uns etwas mitteilen möchte, enträtselt werden will. Dazu trägt auch der kurze enigmatische Mittelteil, mit «Mundus Imaginalis» überschrieben, bei, der hauptsächlich aus einem sich entwickelnden Dialog zwischen Lupophon (eine Art Bass-Oboe), Kontrabass-Klarinette und Kontrabass-Saxofon besteht. «Saqar» ist eine anspruchsvolle spirituelle Reise, am Ende derer aber hoffentlich ein befreiendes Gefühl, eine Art Katharsis wartet. (Lukas Nussbaumer)
Year of creation
2023
Label
Eigenproduktion SRG
Director
Marcel Babazadeh
Credits and thanks
Collegium Novum Zürich
Yalda Zamani, Leitung
Konzertaufnahme: 28. Oktober 2023, Tonhalle Zürich (Uraufführung)
Videoregie: Marcel Babazadeh
Musikregie: Moritz Wetter (SRF)
Saqar, for ensemble (2023)
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Added on 13 February 2024
Das arabische Wort «Saqar» hat verschiedene Bedeutungen, gemeinhin wird es mit «Inferno», «Flamme» oder «Höllenfeuer» übersetzt. Der Sufismus versteht es als fünfte Stufe der Hölle, wo das Feuer alles verschlingt. In Martyna Koseckas neuem Ensemble-Stück beschreibt es einen Ort der emotionalen und spirituellen Transformation. Die polnische Komponistin verarbeitet in «Saqar» ein grosses Spektrum innerer Vorgänge und Bewusstseinszustände – Angst, Schmerz und Zerstörung werden ebenso prominent thematisiert wie Reinigung und Transformation. Entsprechend der Komplexität des menschlichen Innenlebens ist das Stück für die Musiker*innen, gewissermassen die ‹musikalischen Organe›, alles andere als einfach zu spielen. Die Spielanweisungen am Anfang der Partitur erstrecken sich über mehrere Seiten, das Stück ist voll von musikalischen Herausforderungen: von Mikrotonalität, erweiterten Spieltechniken, unregelmässigen Wiederholungen und Taktwechseln über Multiphonics und sich überschlagenden Tönen bis hin zu gesungenen und gepfiffenen Klängen. Es ist eine kontrastreiche und – trotz dem allgegenwärtigen Prinzip der Wiederholung – unberechenbare Musik, die wie eine Naturgewalt daherkommt. Das latente, geheimnisvolle Narrativ gleicht einem brennenden Feuer, das uns etwas mitteilen möchte, enträtselt werden will. Dazu trägt auch der kurze enigmatische Mittelteil, mit «Mundus Imaginalis» überschrieben, bei, der hauptsächlich aus einem sich entwickelnden Dialog zwischen Lupophon (eine Art Bass-Oboe), Kontrabass-Klarinette und Kontrabass-Saxofon besteht. «Saqar» ist eine anspruchsvolle spirituelle Reise, am Ende derer aber hoffentlich ein befreiendes Gefühl, eine Art Katharsis wartet. (Lukas Nussbaumer)
Credits and thanks
Collegium Novum Zürich
Yalda Zamani, Leitung
Konzertaufnahme: 28. Oktober 2023, Tonhalle Zürich (Uraufführung)
Videoregie: Marcel Babazadeh
Musikregie: Moritz Wetter (SRF)
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