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Tonhalle-Orchester Zürich - Traces of a Burning Mass. Für Orchester (2022) - neo
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Traces of a Burning Mass. Für Orchester (2022)

31 plays
Composer
Farzia Fallah
Interpreters
Pierre-André Valade Tonhalle-Orchester Zürich
Composition, Orchestra
50 tracks


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Added on 10 January 2024

Year of creation
2023
Label
Eigenproduktion SRG

Credits and thanks

Tonhalle-Orchester Zürich
Pierre-André Valade, Leitung

Konzertaufnahme: 1. Dezember 2023, Tonhalle Zürich
Tonmeister: Ueli Würth (SRF)

Aus dem Programmheft:
«Ich glaube, die Musik zeigt alles, was in meinem Kopf vorgeht», sagt die Komponistin Farzia Fallah. Oft hat das, was sie in ihren Werken thematisiert, mit ihrer Heimat zu tun: Farzia Fallah wurde 1980 in Teheran geboren und dort als Ingenieurin und Musikerin ausgebildet. Mit Ende zwanzig zog sie nach Deutschland, um weiter zu studieren. «Traces of a Burning Mass» entstand 2022 als ihr erstes Orchesterwerk; es kommt nun zur Schweizer Erstaufführung.
Sie wurde 1980 in Teheran geboren und wuchs dort während des Golfkriegs auf. Konzerte waren damals kein Thema, «es ging ums Überleben», sagt sie am Telefon. Nur die Literatur, die in der persischen Kultur eine grosse Rolle spielt, war auch während des Kriegs präsent, «meine Generation ist deshalb noch stärker davon geprägt als andere». Und sie selbst als Tochter eines Dichters erst recht.
Sie sei in einem offenen Umfeld aufgewachsen, erzählt Farzia Fallah. Zu Hause hätten sie viel traditionelle iranische Musik gehört, aber als Teenager wollte sie Klavier spielen; so kam sie mit dem westlichen Repertoire in Berührung. Wegen ihrer Liebe zur Mathematik und Physik absolvierte sie dann ein Ingenieurstudium; daneben erhielt sie privat eine breite musikalische Ausbildung.
Und sie genoss das kulturelle Leben, das nach dem Krieg allmählich wieder erwachte. Farzia Fallah erinnert sich an Filme, die sie beeindruckten, «etwa jene von Tarkowski». Theater-Aufführungen und Konzerte fanden wieder statt. Selbst die Sängerinnen, die offiziell nach wie vor nicht solistisch auftreten durften, fanden inoffiziell zahlreiche Möglichkeiten dafür. «Für die begrenzte Infrastruktur, die es gab, war die Szene wirklich sehr aktiv», sagt die Komponistin. «Wir waren mit viel Eigeninitiative und Herzblut unterwegs.»
Die Beschaffung von Noten war bis zur Einführung des Internets zwar kompliziert, aber möglich. «Man konnte vielleicht nicht einfach in den Laden gehen und Ligetis ‹Préludes› kaufen. Aber vieles war da, und vor allem haben wir getauscht: Wenn einer eine besondere Partitur hatte, dann hatten sie danach alle.» Sie spricht oft von «wir», gerade im Bereich der zeitgenössischen Musik entstand damals eine eng verbundene Gemeinschaft um den Komponisten Alireza Mashayekhi, der lange in Europa und in den USA gelebt hatte, aber dann nach Teheran zurückkehrte: «Er wollte 1000 Komponistinnen und Komponisten ausbilden, weil er der Meinung war, dass die Lebendigkeit der Musikszene davon abhängt.»
Nach dem Abschluss ihres Ingenieursstudiums stand dann eine Entscheidung an, und Farzia Fallah entschied sich für die Musik. Ihre Antwort auf die Frage nach dem Grund verrät eine ganz eigene Logik: «Es gab viele grossartige Ingenieure im Iran, aber nicht so viele Komponistinnen, deshalb schien mir das wichtiger.» Und weil sie «mehr wissen, mehr kennen, mehr lernen» wollte, zog sie 2007 nach Deutschland, um bei den Komponist*innen Younghi Pagh-Paan, Jörg Birkenkötter und Johannes Schöllhorn zu studieren.
Sie sei damals nach Deutschland gereist mit der Idee, nach dem Studium wieder nach Teheran zurückzukehren, sagt sie, «aber ich war bald einmal in der freien Szene unterwegs und bin dann hängen geblieben». Heute lebt sie als freischaffende Komponistin in Köln und beobachtet die Entwicklungen in ihrer Heimat aus engagierter Distanz.
Ihre Werke kommen meist ohne Text aus, auch ohne konkrete Bezüge zu ihrer Heimat: «Ich verwende keine traditionellen Melodien oder Tonsysteme.» Ihre Klangsprache ist jene der westlichen Avantgarde; sie setzt auf hoch nuancierte Farben, die sich aus der Stille herauslösen. Ihre Herkunft spiegelt sich allenfalls in den auffallend poetisch formulierten Aufführungsanweisungen: «Sich in den ersten Klang einträumen und in dessen Nachklang spielen» heisst es etwa in der Partitur ihres Werks «im selben Augenblick».
In Zürich wird ihr Orchesterstück «Traces of a Burning Mass» aufgeführt, das zunächst einmal mit ihrer alten Liebe zur Physik zu tun hat. Der Titel bezieht sich auf die Sonne, «für mich ist es eine krasse Vorstellung, dass das, was unser Leben erlaubt, eigentlich eine brennende Masse ist». Aber auch Herzen können brennen, fügt sie dann noch hinzu, «für das, was wirklich wichtig ist». Mehr möchte sie nicht sagen dazu. Musik müsse frei sein: auch in der Deutung, die man ihr zuschreibt.

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