Reto Stadelmann: Wo Alpenklang auf Avantgarde trifft
Ein Komponist zwischen Tradition und globaler Moderne
Reto Stadelmann, geboren 1977 im schweizerischen Entlebuch in Escholzmatt, ist ein zeitgenössischer Komponist, dessen Werk sich durch eine Synthese aus alpenländischer musikalischer Tradition und einer umfassenden Ausbildung in der klassischen und zeitgenössischen Konzertmusik auszeichnet. Sein Schaffen umfasst sowohl konzertante Werke als auch interdisziplinäre Projekte, die ihn als eine vielseitige und innovative Persönlichkeit in der heutigen Musiklandschaft etablieren.
Der Werdegang:
Reto Stadelmanns musikalische Reise begann in einer musikalisch geprägten Familie, insbesondere durch seinen Vater Franz Stadelmann, einen bekannten Schweizer Jodler, der seine frühen Jahre maßgeblich beeinflusste. Diese prägende Phase legte den Grundstein für eine einzigartige musikalische Identität. Eine seiner frühen Kompositionen im volkstümlichen Stil, die "Bärgandacht" aus dem Jahr 1996, wurde schnell zu einem Bestseller und zählt noch heute zu den meistgesungenen Jodelliedern der Schweiz. Diese frühe Prägung integriert Stadelmann subtil in sein späteres Werk, ohne jemals in Stereotypen zu verfallen.
Seine künstlerische Entwicklung führte Stadelmann über die Grenzen der Schweizer Volksmusik hinaus in die Sphäre der klassischen Hochkultur. Nach einer fundierten Ausbildung in Jazz-Theorie und einem Schulmusikdiplom in Luzern (2000), vertiefte er seine Kompositionsstudien an renommierten britischen Institutionen. Am London College of Music and Media schloss er 2002 seinen Bachelor of Music in Composition (BMus Hons) mit Auszeichnung ab und wurde für seine Leistungen mit dem Westminster Musikpreis sowie dem Wilfred Josephs Prize geehrt. Ein Stipendium ermöglichte ihm anschließend das Masterstudium (MMus) am Royal Northern Northern College of Music in Manchester, das er 2004 ebenfalls mit Auszeichnung beendete. Parallel dazu vertiefte er seine Fähigkeiten im Dirigieren.
Die Jahre 2005 bis 2007 verbrachte Reto Stadelmann als Schüler von Prof. York Höller an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Diese Phase in Deutschland, nach seinen prägenden anglo-amerikanischen Erfahrungen, schärfte sein analytisches und reflektierendes Denken über Musik in besonderem Maße. Seinen akademischen Höhepunkt erreichte er 2014 mit der Promotion zum Doctor of Philosophy in Music (PhD) an der University of York in England, wo er bei Prof. Bill Brooks forschte. Seine Dissertation befasste sich mit der wegweisenden Frage, wie sinnlich-künstlerische Erfahrungen Möglichkeiten zur Förderung sozialer Aktivitäten für ein breites, nicht-künstlerisches Publikum schaffen können.
Reto Stadelmanns Kompositionen faszinieren durch ihre Originalität, expressive Kraft und beeindruckende Vielseitigkeit. Er beweist eine seltene Fähigkeit, unterschiedlichste Stile überzeugend und mit höchster Professionalität zu verbinden, wobei er konsequent seinen individuellen Ausdruck verfolgt und sich bewusst gegen eine Einordnung in gängige Schubladen entscheidet. Seine Musik zeichnet sich durch Tiefgründigkeit und emotionale Intensität aus – Qualitäten, die in der zeitgenössischen klassischen Musik eine besondere Strahlkraft entwickeln. Er erschafft immersive Klangsphären, in die Zuhörer eintauchen können, und verwebt auf kunstvolle, oft subtile Weise Elemente seiner Schweizer Heimat mit einer globalen, zeitgenössischen Musiksprache. In seinen Werken sind nicht nur die majestätische Kraft der Berge und des Alpenraums spürbar, sondern auch die sanften, weiten Melodien von Wäldern und Tälern. Diese meisterhafte Fusion von Tradition und Moderne zu einem authentischen Spannungsfeld verleiht seinen Werken eine unverwechselbare Signatur.
Zu seinen wegweisenden Kompositionen gehört das Cellokonzert aus dem Jahr 2003, ein zwölfminütiges Werk für Cello und Kammerensemble, das seine persönliche, postmoderne und tiefgründig lyrische Musiksprache reflektiert und dabei seine heimatlichen Wurzeln erkennbar lässt. Dieses Werk erlebte seine Uraufführung in Manchester im Rahmen des internationalen Festivals "Australian Resonances". Ebenso erwähnenswert sind frühere Grosswerke wie die einstündige Collage "Der Wiedergänger" für Sprecher, Solisten, Chor und Orchester oder das klangvolle Flötenstück "Pilatus".
Über seine Tätigkeit als Komponist hinaus ist Reto Stadelmann ein versierter Improvisator. Sein kürzlich veröffentlichtes Album mit Klavierimprovisationen demonstriert eindrucksvoll seinen facettenreichen Zugang zur Musik und seine experimentelle Freude. Die Suche nach musikalischer Authentizität und der Mut, neue Wege zu beschreiten, treiben ihn stetig an. Dies manifestiert sich auch in Projekten wie "LA-DIO", einer einzigartigen Fusion aus archaischem Jodelgesang, Techno-Beats und Synthesizerklängen – ein kühnes und einzigartiges Experiment in der modernen Klanglandschaft.
Reto Stadelmanns künstlerisches Schaffen wurde mehrfach gewürdigt, darunter mit der Nomination zum europäischen Musikpreis "YEAH! 2015 Award" für seine interaktive Musik-Tanz-Produktion "Opportunity" und dem ersten Preis des Deutschen Musikrats beim Wettbewerb "Neue Wege in der Welt der Musik" im Jahr 2009.
Als Komponist, innovativer Projektentwickler, Dirigent und ausdrucksstarker Performancekünstler strebt Reto Stadelmann danach, seine Begeisterung und Liebe zur Musik und zur Heimat weiterzugeben und unablässig neue künstlerische Horizonte zu erkunden. Seine Musik lädt dazu ein, in Klangwelten einzutauchen, die sowohl das Fachpublikum als auch eine breite, kulturinteressierte Hörerschaft auf tiefsinnige Weise berühren.