Meinrad Schütter, geboren am 21. September 1910 in Chur (CH), wurde geprägt von der deutschen, rätoromanischen und italienischen Kultur seines Heimatkantons Graubünden. Er entstammte einem musikliebenden Elternhaus. Die Mutter sang und verfügte über ein ansehnliches Liedrepertoire, wozu bereits Othmar Schoeck gehörte, dessen Musik erster grosser musikalischer Eindruck des Kindes wurde. Musikalische Orientierung der frühen Jugend bot die Musik Arthur Honeggers und Igor Strawinskys.
Neben Klavier- und Orgelunterricht erhielt Schütter bereits als Schüler Theoriestunden bei Antoine Cherbuliez. Nach dem Musikstudium am Konservatorium Zürich folgten Reisen im In- und Ausland als konzertierender Begleiter, ein kleines Romstipendium im Jahre 1939 sowie weiterführende Studien während des Krieges als Fernunterricht bei Willy Burkard und von 1950 bis 1954 bei Paul Hindemith an der Universität Zürich. Eine vieljährige Tätigkeit am Opernhaus Zürich als Ballettkorrepetitor und Beleuchtungsdirigent wurde Brotberuf neben der kompositorischen Arbeit. Nach 1976 lebte der Komponist freischaffend in Küsnacht bei Zürich.
Meinrad Schütter war weitgehend Autodidakt. Seine Musik ist gekennzeichnet durch Transparenz und konzentrierte Dichte; Anliegen ist die Klangfarbe, das Aushören eines Akkords. Noch unter dem Einfluss von Expressionismus und Neuer Sachlichkeit der Dreissigerjahre entwickelte Schütter früh den persönlichen Stil einer fragmentarischen Kompositionsweise in sich geschlossener kurzer Abläufe unter Einbezug von Zitat und Collage. Prägnante Rhythmik, Expressivität, ein tänzerischer Impetus sowie die Neigung des Komponisten zu Humor und Ironie führen zu besonderer Eigenwilligkeit der Tonsprache. Schütter arbeitet freitonal, dabei sich immer wieder beziehend auf Reihen verschiedenster Herkunft und Anwendungsform.
Das Gesamtschaffen umfasst ein umfangreiches Instrumental- und Vokalwerk: Chöre, zwei Messen, die Oper "Medea", Ballettmusiken, Orchesterkompositionen darunter eine Sinfonie, ein Klavierkonzert, Klavier- und Kammermusik, instrumental begleitete Gesänge, Orgelwerke, sowie 60 Lieder mit Klavierbegleitung. In den Liedkompositionen lösst sich eine breite stilistische Entwicklung erkennen. Sie stehen in der Tradition Hindemiths und Schoecks sowie der Neuen Wiener Schule. Im vokalen kirchenmusikalischen Bereich erstreckt sich die Spannweite von gregorianisch liturgischer Melodik bis zu freitonaler Polyphonie.
In jungen Jahren als extremer Moderner geltend (A. Cherbuliez, 1938), ging Meinrad Schütter jedoch nicht den Weg des Revolutionärs, sondern vollzog eine Entwicklung in langsamen Prozessen. In seinem Spätwerk erreicht der Komponist eine neue Leichtigkeit und Intensität von Farbe, Ausdruck und Bewegung.
Meinrad Schütter starb am 12. Januar 2006 in Küsnacht/Zürich.
Ute Stoecklin