she's leaving home
sand_schlamm_schnee_septett
trompete, posaune, e-gitarre, violoncello, klavier, 2 schlagzeuge
von annette schmucki 2021
'bis zum aus weitergehen in spuren den fuss setzen in sand in schlamm in schnee'
es gibt das stück. basierend auf einer sammlung von textfragmenten, ausgewählt aufgrund der wörter 'weitergehen', 'spuren', 'fuss', 'setzen', 'sand', 'schlamm', 'schnee'.
teil 1 unisono
teil 2 verschiebungen, loops
teil 3 stumme linien, gepünktelt. unabhängigkeit, gemeinsames.
es gibt einen satz. reihung der wörter, inhalt und persönliche erinnerung halten ihn zusammen. der satz ist ein wortklumpen. ein zentripetales gefüge. eine einheit.
diesen satz verlassen, indem eine suchmaschine mit 7 gleichgewichtigen wörtern des satzes gefüttert wird. in eine schier unüberblickbare vielheit und zufälligkeit von reise- und schneeberichten geraten. ins ausufernde.
es gibt audiopartituren. jede instrumentalist:in hört während des stücks eine bestimmte stimme, welche die gleiche sammlung von textfragmenten vorliest. (die stimmaufnahmen wurden spontan gemacht, für die sprecher:innen ist deutsch eine fremdsprache, dies begünstigt, dass nicht allzuviel bedeutung in die sprache gelegt wird.) das je individuelle lesetempo der sprecher:innen bestimmt tondauern und überlagerungen der septettklänge. die sieben wörter triggern einsatz und klang.
es gibt 21 oder 22 instrumente. jedes mit seinen spezifischen möglichkeiten und grenzen.
es gibt 7 wörter. es gibt 7 instrumentalist:innen mit einer je eigenen stimme.
möglichkeiten erfinden, zum unisono aufzubrechen, immer neu gefächert in stimmen, in spezifische instrumentalklänge, in die zeit.
es ist ein stück über heterofonie. über die brüchige einheit von klang und zeit. über ausscheren, über alleingang. über einheitlichkeit des materials. über zusammenwohnen. über das zuhauseverlassen.
was heisst es, zusammenzuspielen, ein ensemble zu sein.
die besetzung des ensemble ascolta ist bereits ein ausgestiegen sein aus dem traditionellen homogenen ensembleklang.
und dadurch, dass die musiker:innen je einer stimme zuhören, welche einsätze, dauern, tonhöhen bestimmt, (es gibt weder puls noch taktmetrik und rhythmus) und im je eigenen tempo/duktus spielen, und obwohl sie je exakt ihrer partitur folgen, verlassen sie nach und nach gemeinsame einsätze, gemeinsame tondauern, akkordisches spiel. ein zerfallen der 'musik', zugleich ein wuchern, ein polyphones geflecht.